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Die Youtuber unter den Fotografen haben egtl. alle eine Rubrik 'Fragen an ...'
Nun habe ich nicht den Bekanntheitsgrad eines Calvin H. oder Ben J., möglicherweise interessieren sich aber auch manche von euch dafür, was mir in Konversationen so für Fragen gestellt werden und welche Antworten ich darauf gebe.
Die Fragen wurden natürlich nicht alle wortwörtlich so gestellt, ergaben sich z.T. aber aus dem Kontext.
Wie siehst du deinen Stil?
Den eigenen Stil zu beschreiben ist wohl eine der schwierigsten Fragen, die einem Fotografen gestellt werden können. Tatsächlich bin ich mir nicht einmal sicher, ob man das was ich mache, überhaupt mit der Überschrift Stil versehen kann. Egal wo und wann ich shoote, künstliches Licht ist immer dabei. Im Studio sowieso, aber auch bei kräftigem Sonnenschein outdoor zur Mittagszeit geht ohne Blitz gar nichts. Diese Vorliebe ist ein wenig aus der Not heraus geboren. Denn zum Einen habe ich keinen Assistenten und man kann sich auch nie darauf verlassen, dass ein Model eine Begleitung zum Shooting mitbringt. Also fehlte des Öfteren eine helfende Hand, um mal einen Reflektor zu halten. Outdoor ohne jede Form von Lichtgestaltung zu arbeiten, brachte meistens grottige Ergebnisse und deshalb gehe ich niemals ohne Blitze zu einem Shooting. Insofern ist das vlt. ein wenig "mein Stil"!
Wie siehst du dich im Vergleich zu anderen?
Die Schwierigkeit bei der Beschreibung des Stils rührt evtl. auch daher, dass ich mich niemals mit anderen vergleiche. Man sieht natürlich deren Arbeiten, bewusst verfolge ich aber niemanden. Das liegt u.A. auch daran, dass sehr viele Fotografen einen ganz anderen Weg gehen als ich. Ich sehe mich eher als der klassische Modelfotograf. Beauty-Portraits u. Fashionfotos, die auch im Ottokatalog verwendet werden könnten, obwohl natürlich oft die, vom Model mitgebrachte, "Fashion" diesen Namen nicht unbedingt verdient. Wenn ich mal Themen shoote (wie z.B. in diesem Jahr die Valkyrie), dann geschieht das eher mit technischen Mätzchen beim Shooting selbst, wohingegen viele andere doch die Bildbearbeitung bemühen. Im Spätsommer habe ich z.B. bei vielen Fotografen Bilder gesehen, bei denen ihr Model in der Heide lag und die Farbregler so weit aufgezogen wurden, dass das Telekom-Magenta blass vor Neid wäre. Kann man natürlich machen, für mich hat das dann aber weniger mit Fotografie, denn mit Malerei am PC zu tun. Nichtsdestotrotz gibt der Erfolg denjenigen wohl Recht, denn solche Bilder sind beim Publikum und nicht zuletzt den Models überaus beliebt.
"Hast du ein fotografisches Vorbild?"
Wie schon 87mal bemerkt, bin ich kein junger Hüpfer mehr, und ich bin der Meinung, dass man ab einem gewissen Alter seinen Platz im Leben gefunden haben sollte. Jemanden als Vorbild anzusehen bedeutet auch, diesem Vorbild nachzueifern, es zu kopieren. Von daher antworte ich mit Nein! Nichtsdestotrotz gibt es Kollegen, deren Arbeit ich recht ansprechend und manchmal auch inspirierend finde. Im deutschsprachigen Raum sind das Alexander Heinrichs, der sich als Fotograf ganz toll vermarktet und der Wahlschweizer Stephan Wiesner, der hervorragende, bodenständige Videotutorials abliefert. "Und was ist mit Calvin Hollywood?" Auch der vermarktet sich recht gut, wird m.M. nach aber ziemlich überschätzt und hätte mit jedem anderen Namen sicher nicht diesen Erfolg.
Wessen Bilder ich wirklich großartig finde ist der Brite Karl Taylor. Seine outdoor-Fashionfotos zählen für mich zum Besten auf dem Gebiet. Im Bereich Bademode nenne ich den Amerikaner Arthur St. John. Ein weiterer Amerikaner, dessen Bilder mir immer wieder positiv auffallen ist Jason Lanier. Natürlich müsste man an dieser Stelle noch viele weitere nennen, die es nur deshalb nicht in diese Liste geschafft haben, weil ein Tag nun mal nur 24h hat und man sich unmöglich alles ansehen kann.
"Beurteilst und kritisierst du andere Fotografen?"
Auch hier ein ganz klares Nein! Schlußendlich kann niemand, der nicht zur selben Zeit, am selben Ort, mit dem selben Equipement in der Hand war, beurteilen, ob aus der Situation fotografisch das Maximum herausgeholt wurde. Vor Kurzem hat ein Stänkerer, der mich schon seit Monaten hier stalkt, mal wieder mit einem Fakeprofil zugeschlagen und ein outdoor-Portrait von mir kritisiert: "Na toll, ein Nasenschatten! Lern' doch erstmal blitzen!" Was auf dem Foto natürlich nicht zu sehen ist: Die Topographie des Geländes hat es nicht erlaubt, das Stativ des Blitzes oder das Model anders zu positionieren. Wir haben dieses eine Foto trotzdem gemacht und auch wenn es technisch fragwürdig ist, so fanden wir beide gerade diesen Ausdruck toll und deshalb haben wir das Bild ausgewählt. Wenn natürlich jemand erkennbar wieder und wieder dieselben Fehler macht, dann sieht man das schon und denkt sich dann auch seinen Teil, öffentliche Kritik an Kollegen ist trotzdem nicht meins.
"bist du eifersüchtig, wenn ein Model mit anderen shootet?”
Meistens nicht! ;-) Es gibt 2-3 Mädels, die mir bei diversen gemeinsamen Terminen quasi "an's Herz gewachsen" sind. Nicht nur mit ihrer Leistung als Model, sondern vielmehr mit ihrer sympathischen, ganz bezaubernden Art. Wenn man dann sieht, dass sie bei anderen zum Fotomachen waren, dann muss man sich schon ein bisschen zur Ordnung rufen: "Nu' krieg' dich mal wieder ein, sie kann doch shooten, mit wem sie will!", "Und solche Fotos willst du doch auch gar nicht machen!"
Sehr viel häufiger kommt allerdings Neid auf. So stolpert man im Netz natürlich immer wieder über Modelprofile, bei deren Anblick spontan der Auslösefinger zu zucken anfängt. Wenn man diese Zuckungen wieder im Griff hat, schaut man sich weiter um und stellt dann fest, dass es sich entweder um ein Profimodel handelt, die nie mit einem Amateur arbeiten würde (es sei denn, man verkauft Haus und Hof) oder sie wohnt am anderen Ende der Republik und ist deshalb unerreichbar.
Dann gibt's noch den Neid auf die süddeutschen Kollegen, die alle einen Wasserfall vor der Haustür zu haben scheinen. Aber auch das ist natürlich totaler Blödsinn und wahrscheinlich sind diese umgekehrt neidisch auf den Hamburger Hafen! Denn genauso, wie die nicht Woche für Woche ihren Wasserfall shooten wollen, ist für uns der Hafen langweilige und abgeknipste Gegend. Man will also immer das, was man nicht bekommen kann und auch insofern ist die Fotografie im wahrsten Sinne des Wortes, ein Spiegelbild des Lebens.
"gibt es Models, die keinen zweiten Termin bekommen/wollen?"
Das Models keinen zweiten Termin wollen ist sogar sehr häufig der Fall. Dafür gibt es die unterschiedlichsten Gründe! Viele wollen nur einmalig Bilder von sich machen lassen, dafür aber nicht beim Profi bezahlen. Dann gibt es die, die mit den Ergebnissen und/oder mir nicht zufrieden sind und sich nie wieder melden. Manchen fällt auch erst nach weiteren Terminen auf, dass sie doch irgendetwas an mir stört (Gründe nennen sie nicht) und verschwinden für immer aus dem Radar.
Umgekehrt habe ich im Laufe mehrerer Jahre erst zwei "Models" gehabt, mit denen ich auf keinen Fall erneut shooten würde. Beide haben mir zwischendurch erzählt, dass sie nur ungern vor der Kamera stehen (das sah man auch sehr deutlich), sie aber Erotikmodels werden wollen, weil sie das Geld brauchen. Dann gab es noch einige Weitere, deren Talent nicht erkennbar war und von daher müsste ich mir sehr genau überlegen, ob ich noch einmal kostenlos mit ihnen shooten würde. Und es gab noch welche, mit denen es im Nachhinein verbal zu Unstimmigkeiten kam. Auch da ist das gegenseitige Vertrauen natürlich erschüttert, so dass ich gut überlegen müsste.
"wie beurteilst du die Konkurrenzlage?"
Schwierig! Gefühlt drängen täglich viele neue Fotografen in die Szene und man muss sich auch vor Augen führen, dass Hobbyfotografen meistens mit einer sehr viel höheren Frequenz shooten wollen, als die Hobbymodels. Während den meisten Mädels 3-4 Shootings/Jahr vollauf genügen, wollen Fotografen möglichst jede Woche losziehen. Da ist es logisch, dass das Zahlenverhältnis Fotografen zu Models als nicht ausgewogen empfunden wird. Und es hat auch ein Wandel stattgefunden. Noch vor wenigen Jahren war es erheblich schwerer, als Hobby-Fotograf Fuss zu fassen. Heute scheinen gerade noch nicht so erfahrene Models froh zu sein, dass sie sich an Leute wenden können, die sich ebenfalls als Neuling vorstellen. Außerdem gibt es heute sehr viel mehr weibliche und junge Fotografinnen als noch vor drei/vier Jahren. Klar, dass Mädels bevorzugt zu denen gehen.
Die Lage ist also überaus schwierig und wird es sicherlich auch noch längere Zeit bleiben.
"arbeitest du mit anderen Fotografen zusammen?"
Würde ich gerne öfter machen, tue es aber nur ganz, ganz selten! Aufgrund der Konkurrenzlage (s. vorherige Frage) herrscht unter Hobbyfotografen ein ungeheures Hauen und Stechen. Da gönnt niemand dem anderen die Butter auf dem Brot, geschweige denn ein Model, auf das man selbst ein Auge geworfen hat. Da werden Fake-Accounts angelegt, um bei der kleinsten Gelegenheit, dem anderen eins überzubraten. Das geht teilweise sogar bis in den Bereich der strafrechtlichen Verleumdung.
Kommt es dann doch einmal zu einer Kooperation, stellt man leider allzu oft fest, dass diese nur deshalb stattgefunden hat, weil der Kollege nur mal das bestimmte Thema shooten wollte, auf dessen Vorbereitung, Modelaquise und evtl. finanziellen Einsatz aber keinen Bock hatte. Wenn so etwas nicht nur einmal vorkommt, dann wird man natürlich vorsichtiger, bietet das auch nicht mehr an und macht lieber sein eigenes Ding. Ist sehr schade, denn größere Vorhaben machen im Team natürlich mehr Fun. Und die Arbeitsweise von anderen mal kennenzulernen, kann nie schaden.
"shootest du lieber im Studio oder outdoor?"
Alles zu seiner Zeit! Trotz Erderwärmung ist die Gefahr bei outdoor-Shootings natürlich immer gegeben, dass man einen feuchten und/oder kalten Termin erwischt. Von April bis September gehe ich grundsätzlich aber lieber nach draussen. Es kommt ja auch immer auf's Thema, bzw. Art des Shootings an. Portraits u. Fashion lässt sich überall shooten, Bademode finde ich draussen am Wasser mit Sonne einfach schöner, als im sterilen Studio. Bei Dessous ist es umgekehrt. Auch die Befindlichkeiten des Models spielen natürlich immer eine große Rolle. Manche lassen sich doch erheblich irritieren, wenn sie an Orten posieren sollen, an denen Publikumsverkehr unvermeidlich ist. Da es im Hobbybereich aber nicht nur um die Ergebnisse, sondern gerade auch um die Zusammenarbeit mit netten Menschen geht, bietet das Studio natürlich einen "intimeren" Rahmen zum Kennenlernen.
"wenn outdoor, lieber in der Natur oder urban?"
Hängt auch sehr stark vom zu shootenden Thema ab! Eine Kriegerin wirkt in der Stadt irgendwie deplatziert und umgekehrt gehört HighFashion oder Streetstyle nicht in den Wald. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Persönlich ist mir ein Shooting außerhalb aber lieber. Nicht zuletzt auch wg. der einfacheren Anfahrt und der nicht nötigen Parkplatzsuche.
"welche Erwartungen hast du an Models?"
Erwartungen habe ich tatsächlich keine, wenn jemand seinen ersten Termin mit mir vereinbart. Wünsche dagegen schon! Da wäre zuallererst mal die Zuverlässigkeit! Einen Termin sausen zu lassen oder kurzfristig abzusagen, ist immer bannig enttäuschend. Desweiteren wünsche ich mir natürlich Models, die mir von Anfang an den Eindruck vermitteln, dass sie große Lust zum Fotomachen haben und die dann auch beim Shooting selbst ihre Freude und Spass zeigen. Hierzu trägt auch schon maßgeblich teil, wenn man sieht, wie gut vorbereitet jemand zum Shooting erscheint. Wer einen Koffer voller Outfits, Schuhen und Accessoires mitbringt, hat sich Gedanken gemacht und möchte unbedingt Bilder machen. Wer allerdings zur Jeans nur noch ein zweites Shirt in der Plastiktüte unterm Arm trägt, der hat wohl keine rechte Lust. Wünschen tue ich mir natürlich auch, dass das Model zumindest ein bisschen Talent mitbringt. Ist das nicht der Fall, dann möge bitte wenigstens die Attraktivität gegeben sein. Ganz toll finde ich es immer, wenn sich ein Model aktiv mit Ideen und Vorschlägen in den kreativen Teil eines Shootings einbringt. Sich einfach hinzustellen und zu fragen: "Was soll ich jetzt machen?" ist dagegen immer ein wenig ermüdend. Ganz allgemein kann ich sagen, dass es mit Models, die sympathisch und nett auftreten, auch ein angenehmer Termin wird. Bei zickigem Verhalten oder einem forderndem Anspruchsdenken, ohne selbst etwas zu leisten, wird's hingegen ein bisschen schwierig.


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